Rechtsprechung, die sich an den Interessen der Politik orientiert, gefährdet die Rechtstaatlichkeit in Deutschland
Die Mobilfunkforschung vor Gericht – – TEIL 2
Von Franz Adlkofer – veröffentlicht am 13.06.2022
Pandora | Stiftung für unabhängige Forschung
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ZUSAMMENFASSUNG
In der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Elisabeth Kratochvil und Alexander Lerchl, Professor für Biologie und Ethik an der privaten Jacobs University in Bremen, geht es um die Frage, ob Alexander Lerchl seine Behauptung beweisen kann, dass Elisabeth Kratochvil als Technische Assistentin an der Medizinischen Universität Wien die Ergebnisse der von der EU-Kommission geförderten REFLEX-Studie gefälscht hat. Mit der REFLEX-Studie, die von 2000 bis 2004 von 12 europäischen Forschungseinrichtungen durchgeführt und von Professor Franz Adlkofer organisiert und geleitet worden ist, befasst sich Alexander Lerchl seit 2007. Da Ihre Ergebnisse auf ein gentoxisches Potenzial der Mobilfunkstrahlung hinweisen, was bei Politik und Mobilfunkindustrie äußerstes Missfallen erregt, bemüht er sich seither, das Problem – sei es im Auftrag anderer oder im eigenen Interesse – auf seine Weise zu lösen. Dazu erfindet er die Geschichte, dass die REFLEX-Ergebnisse auf Fälschung beruhen. Wie es aussieht, will er damit verhindern, dass eine von den Gutachtern hochbewertete REFLEX-Nachfolgestudie von der EU-Kommission ebenfalls gefördert wird. Die Voraussetzung dafür versucht er zu schaffen, indem er von den Herausgebern der Fachzeitschriften die Rücknahme der REFLEX-Publikationen aus der wissenschaftlichen Literatur fordert. Doch diese durchschauen seine Absicht und weisen seine Forderung zurück. Dagegen scheinen der EU-Kommission Alexander Lerchls inzwischen weltweit verbreitete Fälschungs-behauptungen zu genügen, um die Förderung der REFLEX-Nachfolgestudie ohne eigene Prüfung zu verweigern.
Doch ein Alexander Lerchl gibt auch bei der Forderung der Rücknahme der REFLEX-Publikationen nicht auf, schon gar nicht, nachdem die Süddeutsche Zeitung (SZ) 2011 wegen eines von ihm initiierten Schmähartikels über die REFLEX-Studie vom Landgericht Hamburg in erster Instanz auf Unterlassung der Fälschungsbehauptungen verurteilt worden ist. Um die Niederlage der SZ, die auch seine eigene ist, wettzumachen, veröffentlicht er 2014 im Laborjournal, einer anerkannten wissenschaftlichen Fachzeitschrift, ein Editorial mit dem Titel „Was tun bei Fälschung?“ Darin wiederholt er seine Fälschungsbehauptungen in Form und Inhalt derart verletzend, dass die Technische Assistentin Elisabeth Kratochvil, die er als der Fälschung überführt darstellt, vor dem Landgericht Hamburg noch im selben Jahre Klage einreicht. Am 27.02.2015 wird Alexander Lerchl zusammen mit dem Laborjournal auf Unterlassung der Fälschungsbehauptung verurteilt. Aufgrund des Urteils, das seit dem 27.03.2015 rechtskräftig ist, müsste er alle seine weltweit verbreiteten Falschbehauptungen über Elisabeth Kratochvil und die REFLEX-Studie einsammeln und zurückziehen. Er sagt zwar zu, dass er dieser Verpflichtung nachkommen werde, wird dabei aber nur in sehr begrenztem Umfang tätig. Elisabeth Kratochvil bleibt schließlich nur die Möglichkeit, die Rücknahme der Verleumdungsschriften mit Hilfe von insgesamt sechs Ordnungsmittelanträgen an das Landgericht Hamburg zu erzwingen. Nach Auffassung des Landgerichts sind alle sechs Ordnungsmittelanträge begründet. Wegen der Verstöße gegen das Unterlassungsurteil werden Alexander Lerchl Strafzahlungen in Höhe von insgesamt 14.400 Euro auferlegt.
Gegen alle Ordnungsmittelbeschlüsse reicht Alexander Lerchl beim Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) sofortige Beschwerde ein und beantragt die Aussetzung der Vollziehung der Strafzahlungen. In einem Zwischenbescheid zur ersten Beschwerde teilt ihm das OLG im September 2015 mit, dass eine Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts nicht veranlasst sei, da seine sofortige Beschwerde nach summarischer Prüfung keine hinreichenden Erfolgsaussichten habe. Endgültig entscheidet das OLG über die sofortigen (!) Beschwerden allerdings erst 3 ½ Jahre später und ganz anders als ursprünglich angekündigt. Im März 2019 erklärt es Alexander Lerchls sofortige Beschwerden als zulässig und begründet, ändert die Ordnungsmittelbeschlüsse des Landgerichts ab, weist Elisabeth Kratochvils Ordnungsmittelanträge zurück und auferlegt ihr die Kosten für das Ordnungsmittelverfahren. Alexander Lerchl erlässt es die Strafgebühren in Höhe von insgesamt 14.400 Euro. Dieser erklärt sich daraufhin im IZgMF-Forum zum 6:0-Sieger über Elisabeth Kratochvil.
Elisabeth Kratochvils anwaltliche Vertretung hält die Aufhebung der Ordnungsmittelbeschlüsse des Landgerichts durch das OLG für rechtsirrig. Da dessen Beschlüsse jedoch unanfechtbar sind, weil die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wird, bleibt der Klägerin als einzige Möglichkeit, mit Rügen gegen das OLG vorzugehen. Diese werden – wie bei der Einstellung des OLG der Sache gegenüber bereits erwartet – als unbegründet zurückgewiesen. Elisabeth Kratochvils daraufhin beim Bundesverfassungsgericht wegen verweigerten rechtlichen Gehörs eingereichte Beschwerde wird ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen. Wie offensichtlich vom OLG beabsichtigt, bleiben Elisabeth Kratochvil und die REFLEX-Ergebnisse, wenn auch zu Unrecht, damit weiterhin als Fälscherin bzw. als gefälscht verleumdet.
Damit endet das Verfahren zwischen Elisabeth Kratochvil und Alexander Lerchl als Justizposse, bei der sich die Frage stellt, was das OLG veranlasst haben könnte, dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts aus dem Jahr 2015, noch dazu mit nachweislich rechtsirrigen Begründungen, vier Jahre später seine Wirkung zu nehmen. Nutznießer dieser seltsamen Art der Rechtsprechung sind ganz offensichtlich Politik und Mobilfunkindustrie. Bei der Verteidigung ihrer Interessen können sie sich weiterhin auf Alexander Lerchls inzwischen sogar gerichtlich abgesicherte Fälschungsbehauptungen gegen die REFLEX-Ergebnisse berufen. Noch wichtiger dürfte für sie jedoch sein, dass sie nach der Scheinrehabilitation von Alexander Lerchl durch das OLG das seit Jahren mit ihm bestehende Geschäftsmodell, das übrigens alle Kriterien der institutionellen Korruption erfüllt, weiter nutzen können. Als Kronzeuge für die Harmlosigkeit der Mobilfunkstrahlung trägt er Politik und Mobilfunkindustrie vor, was sie von ihm hören wollen, dass nämlich bei korrekter Anwendung der geltenden Strahlenschutzrichtlinien gesundheitliche Risiken der Mobilfunkstrahlung zuverlässig ausgeschlossen werden. Als von ihnen mit Millionen Euro geförderter Forscher an der Jacobs University Bremen liefert er die zu dieser Aussage passenden Ergebnisse. Da nahezu alle seine Forschungsvorhaben – wie im Rahmen des Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramms nachweisbar – mit einem Nullergebnis enden, erscheint ihnen seine Logik offensichtlich zwingend. Dass die vielen Forschungsergebnisse, die den seinigen widersprechen, von ihm wie die der REFLEX-Studie behandelt werden, betrachten sie wohl als sein besonderes Verdienst an der Wissenschaft.
Wie von Richter Thorsten Schleif in seinem Buch „Urteil: ungerecht“beschrieben, ist das Versagen der Justiz in Deutschland, der dritten Staatsgewalt, nicht selten auf die im Verborgenen bestehende Abhängigkeit von der Exekutive zurückzuführen. Sei es die direkte Einflussnahme der Exekutive auf die Justiz oder vorauseilender Gehorsam der Justiz ihr gegenüber, keines von beiden kann – wie Richter Schleif feststellt – in Deutschland mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Wenn jedoch einem Gericht, was immer der Grund sein mag, der von ihm erwartete Wertekompass abhandenkommt, nimmt der Rechtsstaat Schaden. Um einer solchen Entwicklung vorzubeugen, dürfen Fälle wie der vorliegende der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden. Nur aus diesem Grund ist diese Abhandlung zustande gekommen.
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SCHLUSSFOLGERUNG
Werden die Ordnungsmittelbeschlüsse des Landgerichts vom Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg nur deshalb aufgehoben, um die geltenden Strahlenschutzrichtlinien, zu deren Absicherung Professor Alexander Lerchl mit seinen Beiträgen zum deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramm wesentlich beigetragen hat, vor dem Verlust der Glaubwürdigkeit zu schützen?
1. Die Ordnungsmittelbeschlüsse des Landgerichts sind überzeugend begründet.
Wie unter Vorgeschichte berichtet, behauptet Professor Alexander Lerchl seit 2007, dass die Ergebnisse der REFLEX-Studie gefälscht sind. Um dieser Behauptung Glaubwürdigkeit zu verleihen, nennt er auch die Person, die die Fälschung seiner Meinung nach begangen hat. Dies ist Elisabeth Kratochvil, Technische Assistentin an der Medizinischen Universität Wien, die an maßgeblicher Stelle bei der Durchführung der REFLEX-Studie mitgewirkt hat. In einem 2010 in der international angesehenen Fachzeitschrift Mutation Research in englischer Sprache publizierten Artikel, auf den in den Ordnungsmittelanträgen 1 – 4 näher eingegangen wird, begründet Alexander Lerchl seinen Fälschungsvorwurf ihr gegenüber – ins Deutsche übersetzt – wie folgt:
… Die Universität veröffentlichte drei Pressemitteilungen, die aussagten, dass „die Daten nicht experimentell gemessen, sondern fabriziert waren“ …
… Eine Untersuchung wurde gestartet, einschließlich einer genauen Beobachtung der Technikerin im April 2008, welche im Labor des Dr. Rüdiger arbeitete, und sie wurde überführt, Daten fabriziert und den Code gebrochen zu haben (…). Sie gestand ihr Fehlverhalten und verließ die Universität …
… Es ist ziemlich bestürzend, festzustellen, dass entgegen dem offensichtlichen Beweis für Datenfabrikation und den klaren Stellungnahmen der Medizinischen Universität Wien in drei Presseveröffentlichungen (…) beide wissenschaftlichen Arbeiten, die weiterhin zitiert werden, nicht schon zurückgezogen wurden, was auf ein schwerwiegendes Problem des wissenschaftlichen Managements hinweist.
Weil er bei der Verhandlung vor dem Landgericht Hamburg am 13.03.2015 seine frei erfundenen Fälschungsbehauptungen nicht beweisen kann, wird er in den Ordnungsmittelbeschlüssen 1 – 4 aufgefordert, seine wahrheitswidrigen Aussagen einzusammeln und zurückzunehmen. Dagegen wehrt er sich mit sofortigen Beschwerden. Erstaunlicherweise werden diese vom Hanseatischen Oberlandesgericht Jahre später, nämlich am 11.03.2019, als begründet angesehen. Folglich hebt es die Ordnungsmittelbeschlüsse des Landgerichts auf. Alexander Lerchls wahrheitswidrige Fälschungsbehauptungen, u. a. die aus Mutation Research, können damit weiterhin zitiert und zur Entwertung der REFLEX-Ergebnisse genutzt werden.
Schon zu Beginn seines Angriffs auf die REFLEX-Studie im Jahr 2007 ist erkennbar, welche Absichten Alexander Lerchl damit verfolgt. Er will erreichen, dass zwei REFLEX-Publikationen aus der wissenschaftlichen Literatur zurückgezogen werden und so die Voraussetzung dafür schaffen, dass der vom REFLEX-Konsortium bei der EU-Kommission beantragten Nachfolgestudie die Förderung verweigert wird. Die Herausgeber von Mutation Researchinformieren Alexander Lerchl über das Ergebnis der von ihnen aufgrund seiner Anschuldigung eingeholten beiden Gutachten. Diese lauten in der Zusammenfassung wie folgt: „Ich bin nicht in der Lage, irgendeine weitere Aktion bezüglich der Anschuldigung zu empfehlen. Die statistischen Berechnungen sind bestenfalls hinweisend, können aber selbstverständlich etwas so Gravierendes wie Datenfälschung nicht beweisen“ und „Der Versuch, die Richtigkeit eines Fälschungsvorwurfs gegen eine Publikation zu beweisen, ist außerordentlich schwierig, es sei denn Jemand, der direkt mit der Studie verbunden ist, liefert die benötigten Details“. Sie weisen damit seine Rücknahmeforderung zurück. Die Herausgeber einer weiteren Fachzeitschrift kommen zum selben Ergebnis und entscheiden entsprechend. Wie es aussieht, genügt der EU-Kommission jedoch das in kürzester Zeit weltweit verbreitete Gerücht von der Fälschung der REFLEX-Ergebnisse, um von der Förderung der REFLEX-Nachfolgestudie entgegen der Empfehlung ihrer Gutachter abzusehen.
Alexander Lerchl ist in völliger Verkennung der Wirklichkeit von der Idee der Fälschung der REFLEX-Ergebnisse wie besessen. Auf die Warnungen der Herausgeber, die mit seinen Absichten nicht in Einklang zu bringen sind, reagiert er mit Beschimpfungen und Beschwerden. In seinem Büchlein „Fälscher im Labor und ihre Helfer“ erklärt er, worum es ihm geht. Da heißt es: „ … Sollten sie [die REFLEX-Ergebnisse] sich bestätigen, wäre dies nicht bloß ein Alarmsignal, sondern der Anfang vom Ende des Mobilfunks….“. Entsprechend dieser Fehleinschätzung geht er – sicherlich im Einverständnis mit der Mobilfunkindustrie – mit den Autoren der REFLEX-Studie wie mit Betrügern um. Anlässlich eines Workshops 2009 in Wien, bei dem Alexander Lerchl sich brüstet, die Fälschung der REFLEX-Ergebnisse sozusagen im Alleingang aufgedeckt zu haben, erfährt er von Professor Emilio Bossi, Präsident der Kommission „Wissenschaftliche Integrität“ der Akademien der Wissenschaften in der Schweiz, dass es auch Fälle gebe, bei denen Forschungsergebnisse mit dem Mittel der Verleumdung absichtlich ruiniert würden, um sich den daraus ergebenden Konsequenzen nicht stellen zu müssen, und dass in solchen Fällen die Verleumder wie Fälscher, als Kriminelle, behandelt werden müssten [3,4] .
Für ein vorläufiges Ende der Kampagne gegen Elisabeth Kratochvil und die REFLEX-Studie sorgt 2015 das Landgericht Hamburg. Selbst vor Gericht zeigt sich, dass Alexander Lerchl, wenn es um seine Ziele geht, im Umgang mit der Wahrheit keine Skrupel kennt. Dem Gericht gegenüber behauptet er, dass er beim Elsevier-Verlag mit allen Mitteln versucht habe, die Rücknahme der obigen Zitate aus Mutation Research zu erreichen. Seine bei Gericht eingereichte Korrespondenz mit dem Verlag belegt genau das Gegenteil. In Wahrheit hat er nämlich mit allen Mitteln versucht, die Rücknahme zu verhindern (s. Ordnungsmittelbeschluss 4). Das Landgericht weist Alexander Lerchls Fälschungsvorwürfe gegen Elisabeth Kratochvil und die REFLEX-Studie als unwahr und damit unbegründet zurück. Das Urteil ist rechtskräftig. Welches Leid Alexander Lerchl über die zu Unrecht verleumdete und schuldlose Elisabeth Kratochvil gebracht hat, kann im österreichischen Magazin Profil nachgelesen werden [5].
2. Die Aufhebung der Ordnungsmittelbeschlüsse durch das Hanseatische Oberlandesgericht ist rechtsirrig.
Das Hanseatische Oberlandesgericht, das Alexander Lerchls sofortigen Beschwerden gegen die Ordnungsmittelbeschlüsse des Landgerichts nach summarischer Prüfung am 17.09.2015 noch keine hinreichenden Erfolgsaussichten eingeräumt hat, erklärt am 11.03.2019, dass diese zulässig und begründet seien. Warum es seine Meinung geändert hat, verschweigt es. Ohne Elisabeth Kratochvil auch nur ein einziges Mal angehört zu haben, ändert es die Ordnungsmittelbeschlüsse des Landgerichts ab, weist Elisabeth Kratochvils Ordnungsmittelanträge zurück und belastet sie mit den Kosten des Ordnungsmittelverfahrens. Alexander Lerchl erlässt es die ihm vom Landgericht wegen Zuwiderhandlung gegen das Urteil auferlegten Strafgebühren in Höhe von insgesamt 14.400 Euro. Damit setzt sich das OLG über das begründete Urteil des Landgerichts [6] und die begründeten Gehörsrügen von Elisabeth Kratochvils anwaltlicher Vertretung ebenso hinweg wie über die Vorgaben des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts, dies allerdings nicht mit Argumenten, sondern mit Arroganz und Ignoranz. Alexander Lerchl, der die Ordnungsmittelbeschlüsse des Landgerichts über Jahre hinweg ignoriert und sich verhalten hat, als ob es das rechtskräftige Urteil des Landgerichts gar nicht gäbe, verschafft es mit seinen Beschlüssen eine Art Scheinrehabilitation. Zwar verstößt er bei der fortdauernden Verleumdung von Elisabeth Kratochvil und der REFLEX-Ergebnisse nach wie vor gegen das rechtskräftige Urteil des Landgerichts, jedoch ab dem 11.03.2019 tut er dies im Einverständnis mit dem OLG.
Das Vorgehen des OLG im vorliegenden Fall erinnert fatal an das parallel verlaufende Verfahren von Professor Franz Adlkofer gegen die Süddeutsche Zeitung (SZ), über das in Teil 1 der Abhandlung berichtet wird [1]. In diesem Verfahren hebt das OLG 2019 in der Berufung das Urteil des Landgerichts Hamburg aus dem Jahr 2013 auf, das von der SZ die Rücknahme eines Artikels gefordert hatte, weil sie die darin enthaltene Behauptung, dass die REFLEX-Ergebnisse gefälscht seien, nicht beweisen konnte. Um sich nicht wie das Landgericht mit der Frage der Fälschung der REFLEX-Ergebnisse befassen zu müssen, geht das OLG der Einfachheit halber, aber wider alle Tatsachen davon aus, dass die REFLEX-Studie vom Vorwurf der Fälschung gar nicht betroffen sei. Damit stellt sich In beiden Verfahren die Frage, warum das OLG überhaupt verhindern will, dass die Fälschungsvorwürfe gegen Elisabeth Kratochvil und die REFLEX-Ergebnisse zurückgezogen werden. Offensichtlich ist Elisabeth Kratochvil in beiden Verfahren das Opfer einer interessenorientierten Rechtsprechung, mit der die Mobilfunk-strahlung auf Kosten der Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte vor dem Verdacht der Gesundheitsschädlichkeit geschützt werden soll. Dass diese Art von Rechtsprechung im Interesse von Politik und Mobilfunkindustrie erfolgt, aber gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands verstößt, bedarf keiner weiteren Begründung. Dass ihr der Hauch von Justizposse anhaftet, leider auch nicht.
3. Die Beschlüsse des Hanseatischen Oberlandesgerichts ermöglichen der Politik die Fortsetzung des Geschäftsmodels mit Alexander Lerchl.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das die Informationen bereitstellt, die von der Politik für die Erstellung der Strahlenschutzrichtlinien benötigt werden, ist wie die Mobilfunkindustrie der Überzeugung, dass die Mobilfunkstrahlung gesundheitlich unbedenklich ist, sofern die geltenden Grenzwerte eingehalten werden. Ergebnisse wie die der REFLEX-Studie, die der angenommenen Zuverlässigkeit der Grenzwerte widersprechen [4,11], werden deshalb von ihren Lobbyisten, allen voran Alexander Lerchl, massiv angegriffen. Bei dieser Sachlage käme die Zurückweisung von Alexander Lerchls Fälschungsbehauptungen durch ein hohes Gericht zumindest indirekt einer Bestätigung der REFLEX-Ergebnisse gleich. Damit dürfte auch die Frage beantwortet sein, was das Hanseatische Oberlandesgericht veranlasst haben könnte, das rechtskräftige Urteil des Landgerichts aus dem Jahr 2015 im Nachhinein zu entwerten. Mit seiner Rechtsprechung, die nach Auffassung der anwaltlichen Vertretung von Elisabeth Kratochvil allerdings rechtsirrig ist, sorgt es nämlich dafür, dass die REFLEX-Ergebnisse trotz des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts weiterhin als fragwürdig dargestellt werden können.
Als weitaus wichtiger dürfte sich für Politik und Mobilfunkindustrie allerdings erweisen, dass sie das seit Jahren mit Alexander Lerchl bestehende Geschäftsmodell weiter nutzen können. Als Kronzeuge für die Harmlosigkeit der Mobilfunkstrahlung trägt Alexander Lerchl Politik und Mobilfunkindustrie vor, was sie von ihm hören wollen, dass nämlich bei korrekter Anwendung der geltenden Strahlenschutzrichtlinien gesundheitliche Risiken der Mobilfunkstrahlung zuverlässig ausgeschlossen werden. Als von ihnen mit Millionen Euro geförderter Forscher an der Jacobs University Bremen liefert er die zu dieser Aussage passenden Ergebnisse. Dass nahezu alle seine Forschungsvorhaben – wie im Rahmen des Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramms nachweisbar [4,10] – aufgrund fehlerhafter Planung, Durchführung und Auswertung mit einem Nullergebnis enden, betrachten sie wohl als Beweis für ihre Richtigkeit. Dass die Forschungsergebnisse von Autoren, die den seinigen widersprechen, von ihm wie die der REFLEX-Studie behandelt werden, scheinen sie ihm als Verdienste für die Wissenschaft anzurechnen [11]. Dass jedoch ein solches Geschäftsmodel alle Kriterien der institutionellen Korruption erfüllt, braucht nicht besonders betont zu werden.
Über Alexander Lerchls Wirken als Wissenschaftler äußerte sich vor kurzem Louis Slesin, der Herausgeber der internationalen Microwave News – ins Deutsche übersetzt – wie folgt [12]: „Eine ein ganzes Jahr in Anspruch nehmende Untersuchung von Microwave News hat ergeben, dass Lerchl, während er einen scheinbar nicht enden wollenden Strom von Lügen verbreitete, 5 Millionen Dollar an Forschungsgeldern vom deutschen Amt für Strahlenschutz, bekannt als BfS, erhalten hat. Lerchl wurde zum bestfinanzierten HF-Forscher in Deutschland, in Europa und höchstwahrscheinlich in der Welt.“ Dabei hätte die Politik, vertreten durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), längst wissen können, auf was für eine Person sie sich eingelassen hat. Dass Alexander Lerchl, Mitglied der Strahlenschutzkommission, Berater der Bundesregierung, Repräsentant Deutschlands in internationalen Gremien, 2011 von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) der WHO wegen Voreingenommenheit die Teilnahme an der Tagung verweigert worden ist, bei der über die Einstufung der Hochfrequenzstrahlung als krebserzeugend entschieden werden sollte, ist zweifellos ein einmaliger Vorgang [13]. Politik und Mobilfunkindustrie hätten damals allen Grund gehabt, die Zusammenarbeit mit ihm zu beenden. Es ist schließlich nicht einzusehen, dass ein Wissenschaftler, der internationalen Ansprüchen nicht genügt, nationalen genügen sollte. Zu seinem Versagen als Wissenschaftler kommt noch sein Versagen als Mensch, das sein skrupelloser Umgang mit Elisabeth Kratochvil überzeugend belegt. Sollte sich deshalb eines Tages herausstellen, dass Politik und Mobilfunkindustrie sich auf einen Betrüger eingelassen haben, wäre dies für viele, die Alexander Lerchl näher kennenlernen durften, kaum noch verwunderlich.
Bei dieser Sachlage stellt sich abschließend die Frage, wie das eigentlich Unerklärbare, warum das Hanseatische Oberlandesgericht mit seinen Beschlüssen dafür gesorgt haben könnte, dass die wahrheitswidrigen Fälschungsvorwürfe gegen Elisabeth Kratochvil und die REFLEX-Ergebnisse nicht zurückgezogen werden müssen, vielleicht doch erklärt werden kann. Wie von Richter Thorsten Schleif [14] in seinem Buch „Urteil: ungerecht“ beschrieben, ist das Versagen der Justiz in Deutschland, der dritten Staatsgewalt, nicht selten auf die im Verborgenen bestehende Abhängigkeit von der Exekutive zurückzuführen. Sei es die direkte Einflussnahme der Exekutive auf die Justiz oder vorauseilender Gehorsam der Justiz ihr gegenüber, keines von beiden kann in Deutschland sicher ausgeschlossen werden. Wenn einem Gericht, was immer der Grund sein mag, der von ihm erwartete Wertekompass abhandengekommen ist, nimmt der Rechtsstaat Schaden. Um einer solchen Entwicklung vorzubeugen, dürfen Fälle wie der vorliegende der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden. Aus diesem Grund ist diese Abhandlung zustande gekommen.
Verweise
[1] https://stiftung-pandora.eu/2022/01/31/endet-die-deutsche-rechtsstaatlichkeit-dort-wo-die-interessen-von-politik-und-mobilfunkindustrie-betroffen-sind/ [2] https://www.stiftung-pandora.eu/wp-content/uploads/2019/06/REFLEX_Final-Report.pdf [3] https://kompetenzinitiative.com/wp-content/uploads/2019/08/ki_heft-5_web.pdf [4] https://www.rubikon.news/artikel/auf-einer-wellenlange [5] https://www.profil.at/home/rufunterdrueckung-das-sittenbild-handystudien-226363 [6] https://stiftung-pandora.eu/wp-content/downloads/150320_prozess_kratochvil-vs-lerchl.pdf[7] https://stiftung-pandora.eu/wp-content/uploads/2022/06/Hanseatisches-Oberlandesgericht_Beschluss-Ordnungsmittelantrag.pdf
[8] https://stiftung-pandora.eu/wp-content/uploads/2022/06/Hanseatisches-Oberlandesgericht_Ruege-Beschluss-Ordnungsmittelantrag.pdf [9] https://stiftung-pandora.eu/wp-content/uploads/2022/06/Hanseatisches-Oberlandesgericht_Zurueckweisung-Ruege-Ordnungsmittelbeschluss.pdf [10] https://stiftung-pandora.eu/wp-content/downloads/pandora_doku_vortrag-harvard-erweitert-2012.pdf [11] https://stiftung-pandora.eu/2020/05/26/bei-der-einfuehrung-von-5g-durch-mobilfunkindustrie-und-politik-ersetzt-lobbyismus-die-aufklaerung/ [12] https://www.emfacts.com/2021/02/a-microwave-news-investigation-portrait-of-a-conspiracy/ [13] https://www.diagnose-funk.org/publikationen/artikel/detail?newsid=355 [14] Zitat aus: Thorsten Schleif: Urteil: ungerecht. Ein Richter deckt auf, warum unsere Justiz versagt. riva-Verlag, München, 2020