Psiram: Botschaften aus dem rechtsfreien Raum

Wenn es nach der Website Psiram.com (früher EsoWatch) geht, welche sich nach eigenem Bekunden dem kritischen Verbraucherschutz verpflichtet sieht, beruhen die Forschungsergebnisse, die auf gesundheitliche Risiken der Mobilfunkstrahlung hinweisen, entsprechend einem Wiki zu Elektrosmog durchwegs auf Quacksalberei, Täuschung oder Scharlatanerie.


Psiram.com – Webbotschaften über die Harmlosigkeit des Mobilfunks aus dem rechtsfreien Raum. Eine Dokumentation.
Von Franz Adlkofer, Pandora – Stiftung für unabhängige Forschung.

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Zusammenfassung

Wenn es nach der Website Psiram.com (früher EsoWatch) geht, welche sich nach eigenem Bekunden dem kritischen Verbraucherschutz verpflichtet sieht, beruhen die Forschungsergebnisse, die auf gesundheitliche Risiken der Mobilfunkstrahlung hinweisen, entsprechend einem Wiki zu Elektrosmog durchwegs auf Quacksalberei, Täuschung oder Scharlatanerie. In dem Kapitel „Umstrittene Studien“ wurde auch die von 2000 bis 2004 von 12 Arbeitsgruppen aus 7 europäischen Ländern unter meiner Leitung im Rahmen des 5. EU-Forschungsprogramms durchgeführte REFLEX-Studie, die der Mobilfunkstrahlung ein krebsverursachendes Potenzial bescheinigt hatte, als „umstritten“ dargestellt. In drei Beiträgen mit unterschiedlichen Titeln wurde dabei wiederholt, was Professor Alexander Lerchl von der privaten Jacobs University in Bremen seit 2008 behauptet, dass die Ergebnisse gefälscht seien. Dass er wegen dieser Unterstellung im Frühjahr 2015 vom Landgericht Hamburg rechtskräftig und strafbewehrt auf Unterlassung verurteilt wurde, ist allerdings nirgendwo zu lesen.

Auf der Grundlage dieses Urteils wurde Alexander Lerchl von der Anwaltskanzlei, die das Urteil erstritten hatte, aufgefordert, die mit von ihm stammenden Beiträge aus dem Elektrosmog-Wiki zurückzuziehen. In seinem Antwortschreiben behauptete Alexander Lerchl, dass die Beiträge nicht von ihm stammten, er von ihrer Existenz bis jetzt auch keine Kenntnis gehabt habe, aber trotzdem Psiram um Löschung der angegriffenen Stellen gebeten habe. Die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung, dass zwischen ihm und den Autoren der Beiträge keinerlei Beziehung bestehe, verweigerte er. Von Psiram erfuhr er, dass man die Beiträge zwar nicht zurücknehmen werde, auch wenn er sich mit seinen Äußerungen vielleicht doch etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt habe. Er selbst könne aber trotzdem ganz unbesorgt sein, da er mit der Bitte um Löschung seiner ihm vom Gericht auferlegten Verpflichtung vollumfänglich nachgekommen sei. Diese Information löste bei Alexander Lerchl offensichtlich einen euphorischen Stimmungsumschwung aus, der sich auch in einer geänderten Tonlage der Anwaltskanzlei gegenüber bemerkbar machte.

Da Psiram Alexander Lerchls Geschichte ungeprüft übernommen und verbreitet hatte, obwohl diesem die Verbreitung gerichtlich untersagt war, wandte sich die Anwaltskanzlei über Alexander Lerchls Mail-Zugang direkt an Psiram. Sie wies darauf hin, dass die im Elektrosmog-Wiki aufgestellten Behauptungen samt und sonders falsch und darüber hinaus ehrverletzend seien. Sie forderte Psiram auf, die betreffenden Beiträge aber auch deshalb zu löschen, weil sie in der veröffentlichten Form einschließlich ihrer Verlinkungen ohne hinreichende Grundlage seien. Wenn Psiram, wie es vorgebe, die Wissenschaft gegen Pseudowissenschaft tatsächlich verteidigen wolle, könne es diesen Willen durch Löschung der entsprechenden Texte jetzt unter Beweis stellen. Psiram bat sich auf dieses Schreiben hin im Hinblick auf die Schwierigkeit der Materie Bedenkzeit aus. Während dieser musste es offensichtlich feststellen, dass ihm das Quellenmaterial, auf das es seine Fälschungsgeschichte stützte, inzwischen abhandengekommen war. Ohne jede weitere Begründung löschte es zumindest die beiden wichtigsten der drei die REFLX-Studie diskriminierenden Beiträge.

Der dritte und ungelöschte Beitrag befasst sich mit einer Doktorarbeit an der Charité in Berlin, die Alexander Lerchl offenbar als Teil der REFLEX-Studie angesehen hatte, was sie aber nicht war, und die er ebenfalls als gefälscht dargestellt hatte, was sie auch nicht war. Wie Psiram auf diese Information reagieren wird, die es durch Rücksprache mit der Charité jederzeit überprüfen kann, bleibt abzuwarten. Psiram wollte von der Anwaltskanzlei wissen, ob es für die im Zusammenhang mit der REFLEX-Studie behauptete Urkundenfälschung an der Medizinischen Universität Wien ein rechtskräftiges Urteil gibt. Dieser Tatbestand wurde 2014 dem Landgericht Hamburg unter Beweisantritt vorgetragen und von der Gegenseite nicht in Abrede gestellt, spielte aber bei der Urteilsfindung keine Rolle. Psirams Entscheidung, die verleumderischen REFLEX-Berichte zu löschen, zeigt zumindest, dass es sich Argumenten, die eindeutig belegen, dass es sich entweder selbst getäuscht hat oder von seinen Autoren getäuscht worden ist, nicht grundsätzlich verschließt. Ob es jedoch deshalb mehr Opfer als Täter ist, ist unter Berücksichtigung eines einzelnen Falles wie dem vorliegenden nicht zu beantworten.

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